Jeden Tag unterstützen wir Dutzende kambodschanische Student:innen und Familien bei der Bewältigung ihres Alltags, begleiten sie bei wichtigen Entscheidungen und arbeiten hart daran, ihnen alle Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um sich eine vielversprechende, unabhängige Zukunft aufzubauen. Es ist wirklich etwas Schönes, für so viele ehrgeizige junge Erwachsene und Teenager arbeiten zu dürfen, und ich könnte mir mein Leben schon lange nicht mehr ohne sie vorstellen. Allerdings kann es manchmal auch sehr hektisch und überwältigend sein, direkt in das Leben und die Lebensentscheidungen so vieler Menschen involviert zu sein. Wenn man Teil so vieler unterschiedlicher Lebenswege ist, bewegen sich die Dinge ständig in einem rasanten Tempo und man hat kaum eine Minute Zeit, über alles zu reflektieren, was wir auf dem Weg bereits erreicht haben – bis Silvester vor der Tür steht.
Silvester ist allgemein bekannt als DIE Zeit im Jahr, in der man den Verlauf des vergangenen Jahres überdenkt, seine Erfolge feiert, und Ziele für das kommende Jahr setzt. Und auch wenn ich in meinem Privatleben nicht zu der Art von Person gehöre, die am Ende eines jeden Jahres sentimental wird, zwingt mich die Arbeit am Jahresbericht 2023 dieser NGO buchstäblich dazu, jedes einzelne Projekt, an dem wir im vergangenen Jahr gearbeitet haben, nochmal zu überarbeiten.
2023 war ein wirklich besonderes Jahr für Thomlang – Cambodian Youth Support. Es war unser drittes Jahr im Einsatz und wir sind in jeder Hinsicht weitergewachsen. Im Herbst haben wir offiziell die 200.000 € Spendensumme seit unserer Gründung überschritten. Durch unsere Arbeit haben wir inzwischen mehr als 500 Menschen erreicht. Über unsere Social-Media-Plattformen hat unsere Organisation mehr Menschen erreicht als je zuvor und wir sind wirklich überwältigt von der Unterstützung, die wir inzwischen aus der ganzen Welt erhalten haben. Von Australien, über Singapur und Frankreich, bis an die amerikanische Westküste – Menschen von überall wurden von den Geschichten unserer Student:innen gepackt und fühlten sich dazu inspiriert, sie durch motivierende Nachrichten und Spenden zu unterstützen.
2023 hatte viele Neubeginne aber auch zum ersten Mal Universitäts-Abschlüsse. Wir haben fünf neue Student:innen an Universitäten eingeschrieben: Yean begann sein Jus Studium, Phanit registrierte sich für einen englischsprachigen Studiengang in International Business, Voeng immatrikulierte sich für Elektrotechnik, Chamreoun für Maschinenbau, und nicht zuletzt schrieb sich Kimhouy für ein Management-Studium ein.
Gleichzeitig konnten wir feiern, dass fünf unserer Studierenden ihr Bachelor-Studium abgeschlossen haben und offiziell mit ihren Diplomen belohnt wurden, was ihnen dabei helfen wird, gut bezahlte Jobs auf dem kambodschanischen Arbeitsmarkt zu finden. Wir sind außerdem stolz auf unsere Student:innen, die Berufsausbildungen begannen oder abschließen konnten. Puy hat sich ein ganzes Jahrzehnt, nachdem er die Mittelschule abgebrochen hatte, dazu entschieden, ins Klassenzimmer zurückzukehren und eine Ausbildung zum Elektriker zu beginnen. Srey Pit und Dina schlossen beide ihre Ausbildungen ab und erhielten offizielle Zertifikate.
Ein großes persönliches Highlight war wie immer meine zweimonatige Reise nach Kambodscha im Herbst. Auch wenn unsere Student:innen und ich ständig über unsere Telefone in Kontakt stehen, gibt es nichts Wichtigeres, als Zeit miteinander vor Ort zu haben. Immer wenn ich in Kambodscha bin, schaue bei allen unseren fleißigen Student:innen nach dem Rechten, halte Meetings mit ihnen, um über ihre Fortschritte im Studium, ihre aktuelle Lebenssituation, ihre Karriereziele und ihre Pläne für das kommende Jahr zu besprechen. Diese Vieraugengespräche sind wirklich wichtig, denn genau in diesen Momenten können sie sich wirklich öffnen, mir anvertrauen und auch über ihre psychische Gesundheit sprechen, was für ihre persönliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung ist.
Allerdings treffe ich unsere Student:innen nicht nur, um über „projektbezogene Themen“ zu sprechen. Wenn ich sie besuche, lade ich sie auch gerne zu Freizeitaktivitäten ein, die sie alleine niemals erleben könnten. Sie stammen alle aus sehr ländlichen Gegenden Kambdoschas und sind in extremer Armut aufgewachsen, weshalb das Leben in der Hauptstadt Phnom Penh noch immer sehr neu für sie ist. Jetzt sind sie zum ersten Mal mit viel Verkehr, internationalen Menschen, Wolkenkratzern, modernen Gebäuden und Einkaufszentren konfrontiert. Diesen Lebensstil können sie sich niemals leisten, aber sie bekommen die Möglichkeit, diese neuen Dinge kennenzulernen und zu sehen, was die Hauptstadt eigentlich alles so zu bieten hat. Eine Premiere für uns alle war ein neu eröffnetes Viertel auf der sogenannten Diamond Island, Koh Pich, das ein französisches Stadtbild simulieren soll. Es ist ein riesiges Bauprojekt, das größtenteils noch absolut leer steht, aber eine tolle Kulisse für schöne Fotos unserer Student:innen bietet. Kleine Imbissstände und ein Flohmarkt locken gerade an Wochenenden viele Kambodschaner:innen an. Dadurch hat es sich als toller Ort bewährt, um Zeit miteinander zu verbringen, Snacks zu essen und einen Iced Coffee zu trinken.
Im Website Bericht letztes Jahr habe ich bereits erwähnt, dass 2022 erstmals Kinos in Kambodscha geöffnet haben. Auch dieses Jahr habe ich wieder ein paar Filmabende für unsere Student:innen veranstaltet. Einige von ihnen hatten bereits im Jahr zuvor das Vergnügen mit mir ins Kino zu gehen, für andere war es aber das erste Mal, dass sie die große Kinoleinwand und den Dolby Surround-Sound erlebten.
Ein absolutes Highlight für alle war das Bowling. In einem der vielen neuen Einkaufszentren Phnom Penhs wurde eine Bowlingbahn eröffnet und ich konnte nicht widerstehen, unseren Student:innen eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten des Westens zu zeigen. Es sind Momente wie diese, in denen sie dann den Stress und die Turbulenzen ihres Alltags vergessen und einfach nur Spaß haben können. Es ist mir wichtig, diese Erinnerungen für sie zu kreieren, und ich weiß mit Sicherheit, dass sie oft an diese gemeinsamen Momente zurückdenken.
Wie im Jahr zuvor war ich auch dieses Jahr während des Pchum Ben Fests in Kambodscha. Das ist immer eine ganz besondere Zeit, da es einer der zwei größten Feiertage des Khmer-Kalenders ist. Menschen schmücken die Pagoden mit farbenfrohen Ornamenten und Familien kommen zusammen, um zu feiern, zu beten und den Mönchen Opfergaben zu bringen. Viele unserer Student:innen haben keine Familie, weshalb es im Laufe der letzten Jahre Tradition geworden ist, dass wir diesen Feiertag gemeinsam verbringen. Nachdem wir unsere schönste Kleidung angezogen und den Morgen in einer Pagode verbracht haben, veranstalten wir eine große Dinnerparty, um sicherzustellen, dass wir die freien Tage in vollsten Zügen genießen und das Meiste aus unserem Beisammensein machen.
Zwischen den Treffen mit all unseren Student:innen in 6 verschiedenen Bundesländern, Familienbesuchen, Universitätsregistrationen, Graduations, Abschlusspräsentationen und netten Freizeitaktivitäten vergingen die zwei Monate in Kambodscha extrem schnell. Es ist unglaublich schön zu sehen, wie aus unseren Student:innen verantwortungsbewusste und ehrgeizige junge Erwachsene werden und wie sie langsam aber sicher ihr volles Potential entfalten.
Ich denke, es versteht sich von selbst, dass 2023 ein sehr ereignisreiches und aufregendes Jahr war. Und während ich in den nächsten Wochen am Jahresbericht 2023 arbeite, kann ich es kaum erwarten, viele weitere tolle Neuigkeiten und neue Projekte – beispielsweise mit neuen Student:innen – mit euch zu teilen!
Bis dahin möchte ich euch allen jedoch zuerst ein frohes neues Jahr 2024 wünschen! Vielen Dank, dass ihr unsere Schützlinge unterstützt und es uns ermöglicht, ihr Leben positiv zu verändern! Auf viele weitere Fortschritte und Erfolge im neuen Jahr.