Kambodscha war in letzter Zeit weltweit in den Nachrichten, aber leider nicht aus den richtigen Gründen. Jahrzehntelange Spannungen im Norden Kambodschas in der Nähe der historischen Tempel von Preah Vihear eskalierten im Juli und entwickelten sich zu einem gewaltsamen Konflikt. Tausende kambodschanische und thailändische Familien fürchteten um ihr Leben und suchten Sicherheit in provisorischen Flüchtlingslagern.
Obwohl die meisten unserer Student:innen und der von uns unterstützten bedürftigen Familien im Süden Kambodschas leben, war eine unserer Studierenden direkt von dem Konflikt betroffen: Somnang.
Somnang stammt aus einer kleinen Bauernfamilie in der Provinz Oddar Meanchey, direkt an der thailändischen Grenze. Nach ihrem Schulabschluss war Somnang – als ältestes Kind in ihrer Familie – fest entschlossen, einen Bachelor-Abschluss zu machen und erhielt sogar ein Stipendium an einer Universität in Battambang, fünf Fahrtstunden von ihrem Heimatdorf entfernt. Seitdem unterstützen wir als Organisation sie mit der Deckung ihrer Lebenshaltungskosten, der Spende eines Laptops und eines Motorrads sowie der Übernahme von Arztrechnungen.
Während Somnang sich im Juli auf die Zwischenprüfungen ihres Uni-Semesters vorbereitete, sah sie plötzlich die Schlagzeile, dass der Grenzkonflikt eskaliert war. Ihr Leben und das ihrer Familie geriet völlig aus den Fugen, und Somnang musste wochenlang um die Sicherheit ihrer Angehörigen fürchten.
Lest mehr über Somnangs Erfahrungen in ihren eigenen Worten:
Hallo zusammen.
Mein Name ist Somnang und ich bin 19 Jahre alt. Ich studiere in Battambang, komme aber ursprünglich aus der Provinz Oddar Meanchey, einer ländlichen Gegend nahe der thailändischen Grenze. Während ich wegen meines Studiums umgezogen bin, leben meine Eltern und meine beiden jüngeren Geschwister in unserem Haus am Land.
Die letzten zwei Monate waren sehr schwierig für uns. Denn im Juli brach ein Kampf zwischen Thailand und Kambodscha an der Grenze aus. Meine Familie lebt so nah an der Grenze, dass sie die Schüsse und Explosionen hörten. Als der Konflikt ausbrach, fürchteten sie so sehr um ihre Sicherheit, dass sie aus ihrem Zuhause flohen. Meine Familie floh aus unserem Dorf und landete in einem Zeltlager, weit weg von unserem Haus. Sie ließen ihre Arbeit, all ihren Besitz, ihre Gemüsefarm und alles, was ihr Leben ausmachte, zurück. Im Flüchtlingslager hatten sie keine richtige Unterkunft und es mangelte ihnen an Nahrung, Proviant und sauberem Wasser. Es war eine wirklich schwere Zeit für meine Familie.
Sie improvisierten ein kleines Zelt, indem sie eine Plastikplane über ihren Remork fixierten, aber das bot kaum Platz für alle vier Personen. Außerdem ist gerade Regenzeit in Kambodscha, und wenn es stark regnete, wurde alles nass, was es ihnen schwer machte, gesund zu bleiben, zu kochen oder zu schlafen.
Ich denke solche Situationen sind für alle hart, aber besonders schlimm sind sie für ältere Menschen oder kleine Kinder wie meine Schwester. Meine Schwester konnte während dieser Zeit nicht weiter zur Schule gehen, und ich machte mir große Sorgen um ihre Bildung. Zudem lag das Zeltlager sehr nah am Dschungel, sodass es dort viele Insekten und Mücken gab, die Krankheiten übertragen können. Ich selbst war in meinem Studentenzimmer in Battambang sicher, aber mein Herz brach für meine Familie und ich weinte Tag und Nacht.
Ich möchte mich jedoch an dieser Stelle bei euch dafür bedanken, dass ihr meine Familie während dieser Zeit im Flüchtlingslager mit Spenden unterstützt habt. Sie brauchten eure Hilfe dringend, um lebensnotwendige Dinge wie Lebensmittel und Sanitärprodukte zu kaufen. Wir haben großes Glück, dass es in Ländern weit weg von Kambodscha großzügige Menschen wie euch gibt, aber auch in Kambodscha selbst gab es wirklich viele großzügige und engagierte Helfer:innen, die Tausende von Familien unterstützt haben, die durch den Krieg vertrieben wurden.
Ich habe jeden Tag gehofft und gebetet, dass die beiden Länder ihren Konflikt beenden und Frieden einkehren würde. Ich bin froh, dass der Frieden zurückgekehrt ist und meine Eltern und Geschwister schließlich – nach mehreren Wochen im Flüchtlingslager – Mitte August auch in unser Haus zurückkehren konnten.
Vielen Dank für alles und vor allem dafür, dass ihr euch die Geschichte meiner Familie angehört habt.
Alles Liebe,
Somnang
Wir blieben während ihres Aufenthalts im Flüchtlingslager in engem Kontakt mit Somnangs Familie und haben die Kinder nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatdorf mit neuen Schulmaterialien ausgestattet. Wir sind sehr erleichtert, dass Kambodscha und Thailand sich auf einen Waffenstillstand und eine friedliche Lösung des Konflikts geeinigt haben und bleiben weiterhin in engem Kontakt mit allen Beteiligten.
